In den vergangenen Monaten wurde ich öfter gefragt, ob ich denn jetzt – wie andere Musiker auch – auf Online-Proben umgestiegen sei. Die Antwort ist: hmm nein, nicht wirklich. Das Warum möchte ich hier mal beleuchten.
Im allerersten Lockdown waren Max und ich (damals noch ohne Stephan) gerade in der Phase überhaupt erst einmal eine Song-Basis für unser Vorhaben zu schaffen. Um trotz der nicht stattfindenden persönlichen Treffen weiterzukommen, hatte Max recherchiert und wollte es mit der kostenfreien amerikanischen Onlineplattform Jamkazam probieren. Dass wir zu dem Zeitpunkt gerade in Proberaumequipment investiert hatten, kam uns zugute, denn so konnte ich das neue Mischpult dafür nutzen.
Max verwendete sein vorhandenes Effektgerät um die Gitarre an den PC anzuschließen. Umständlich war bloß, dass er nur entweder Gitarre spielen oder mit mir über Mikrofon sprechen konnte, nicht beides gleichzeitig. Es wäre schon hilfreich gewesen, wenn ich zur Gitarre auch seine gesprochenen Kommentare empfangen hätte. Aber daran gewöhnten wir uns.
Bei mir war es komplizierter. Das Mischpult an den Computer und damit wiederum an die Jamkazam App anzubinden, stellte mich schon vor ziemlich hohe Anforderungen. Zum einen musste die Hardware korrekt verkabelt werden und zum anderen gibt es bei Musiksoftware spezielle Schnittstellen, Treiber und was weiß ich was. Ein Stück weit konnte Max mir per Telefonsupport helfen. Dennoch passierte das Meiste auf meiner Seite per Versuch und Irrtum 🔌
Was Jamkazam selber betraf, musste ich mich erst einmal auf das Programm einlassen, mich einlesen – alles auf Englisch mit Fachvokabular und teils rätselhaften Abkürzungen – und ich musste mit der Bildschirmdarstellung, den unterschiedlichen Menüs und Konfigurationsmöglichkeiten etc. vertraut werden.
Und dann kamen noch die Einstellungen am Mischpult dazu. Obwohl das Gerät kompakt ist, sind trotzdem noch genügend Knöpfe und Regler angebracht, die man falsch kombinieren kann 😅
All das kostete mich schon mehrere Abende Zeit und jede Menge Nerven. Und da hatten wir noch nicht einmal geprobt!
Die Proben selbst gingen nach einer Anlaufphase, wo wir uns erst mal orientierten, wie was läuft, zufriedenstellend. Der große Knackpunkt beim online Musizieren ist die Latenz. Latenz ist die zeitliche Verzögerung, die zwischen dem Entstehen eines Tons und dem Erreichen unserer Ohren liegt (anschaulich zum Beispiel im TV, wenn das, was man hört, nicht synchron zu den Lippenbewegungen des Sprechers ist). Bei Plattformen zum Online-Musikmachen ist diese Latenz relativ niedrig, aber leider nicht weg. Das merkten wir eben auch bei Jamkazam. In dem Programm hat man die Möglichkeit ein Metronom (Klick) mitlaufen zu lassen, damit alle Beteiligten im selben Takt/ derselben Geschwindigkeit spielen. Und man kann Sessions, also das was man zusammen spielt, auch aufnehmen. Beim späteren Anhören gruselte es mich aber jedes Mal, weil ein dermaßener zeitlicher Versatz zwischen Gitarre und Gesang auf der Aufnahme war, das konnte man sich echt nicht anhören 😣🙉! Beim Spielen selber hingegen empfand ich die Latenz nicht so störend. Man gewöhnte sich ein Stück weit an das ungewohnte Hörerlebnis.
Was allerdings auch ab und zu passierte war, dass man aus einer Session rausfiel, weil die Internetverbindung ruckelte. Wir waren ja nicht die einzigen, die abends im Netz unterwegs waren ... Der Prozess, bis man sich wieder neu verbunden und das Programm neu gestartet hatte, kostete wiederum Zeit und störte den Probenablauf.
Alles in allem war für uns die Option online zu üben trotzdem besser als gar keine. Wir konnten in der Zeit mehrere neue Nummern für unser Programm einstudieren und waren dankbar, dass es – wenn schon nicht mit persönlichen Treffen – wenigstens auf diese Weise klappte und wir mit unserem Vorhaben weiterkamen.
Nächste Woche könnt ihr Teil zwei des 'Dramas' hier im Blog lesen … bis dahin schöne Grüße Claudia
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