CLAXS spielt heute, an einem bombastischen 24. August, beim Kiosk 1917 in München an der Thalkirchner Brücke. Ich bin so happy, dass das heute klappt! Der geplante Auftritt im Juni war ja ins Wasser gefallen und heute ist der Ersatztermin. Und da ich mich die Woche wegen eines Infekts ins Bett legen musste, war unsicher, ob ich fürs Konzert fit genug sein würde.
Doch nun stehen wir also hier, auf der kleinen Bühne beim Kiosk, vor uns eine Grünfläche, die vom Geh- und Fahrradweg an der vorbeiführenden Tierparkstraße begrenzt wird. Rechts geht's zur Isar, auf der anderen Brückenseite befindet sich der Tierpark Hellabrunn. In unserem Rücken führt ein breiter Zuweg zur U-Bahn Haltestelle Thalkirchen. Ein Stück dahinter ist ein Platz erkennbar - wie wir später lernen, ein Einkaufszentrum mit einer Eisdiele, von wo aus man unsere Musik gut hören kann. Im Hintergrund noch der hübsche Kirchturm von St. Maria Thalkirchen.
Auf der Grünfläche vor uns stehen mit etwas Abstand Klapp-Liegestühle, einzeln und in Grüppchen, gefüllt mit Kiosk-BesucherInnen, die hier den Abend genießen. Weitere Sitzgelegenheit bieten zwei Abschnitte eines zersägten Maibaums - gewöhnungsbedürftig, aber originell, finde ich. Der Maibaum musste weg, weil die Halterung nicht mehr stabil war, erzählt uns Philipp vom Kiosk.
In dieser Kulisse herrscht auf allen Seiten ein stetiges Kommen und Gehen von unterschiedlichsten Menschen, im Hintergrund der Straßenlärm, zeitweise durchbrochen vom Martinshorn der Rettungsdienste, im Vordergrund Gespräche, Geräusche aus dem Kiosk, Kindergeschrei ...
Es ist viel los - in diesem quirligen Drumherum und in meinem Kopf. Am Ende des Abends bin ich angefüllt mit so vielen Gedankenschnipseln, dass ich am nächsten Morgen die Idee für dieses Protokoll habe. Viel Spaß beim Einblick in meine Gedankenwelt 😉
Claudia
Showtime-Start kurz nach 18 Uhr (wir hoffen, einige Tierparkbesucher auf dem Heimweg für uns zu gewinnen)
die Sonne brezelt volle Kanne auf meine linke Gesichtshälfte, es ist warm, nach der ersten Nummer ist mein Kopf rot, im iPad spiegelt sich das schweißnasse Gesicht, die Haare stehen wirr verschwitzt in die Gegend
irgendwie dachte ich, es würden mehr Leute zuhören
die in den Liegestühlen fläzen, sehen desinteressiert aus
der Applaus ist jetzt auch nicht so dolle
Frauen mit Kinderwagen bleiben am Weg stehen und gucken
vom Kiosk dringt Klappern und Klirren, jemand holt Sachen aus dem Lagerraum
drahtige Rennradler passieren den belebten Bereich mit Tunnelblick, keine Zeit zum Chillen
ein Feuerwehrfahrzeug im Einsatz übertönt für einen Moment die Geräuschkulisse mit seiner Sirene
ich singe Kauderwelsch, weil ich den Text vergesse … zu viele visuelle Eindrücke, die mich ablenken
mir ist warm
eine attraktive ältere Dame setzt sich mittig vor uns auf eine Bierbank und wippt mit, sie bleibt bis zum Schluss
ein kleines Mädchen, vielleicht ein Jahr alt, bewegt sich rhythmisch zur Musik und strahlt dabei voller Glück, das zaubert den Anwesenden ein Lächeln ins Gesicht
immer mehr Publikum kommt
irgendwann von hinten unerwarteter Applaus: auf dem Weg zur U-Bahn bleiben Menschen stehen und hören zu, derweil ziehen Pulks mit Badeausrüstung von der Isar kommend vorbei
zwei bekannte Gesichter heben sich aus der Menge ab, wir winken uns kurz zu - Bekannte, die hier wohnen
die Sonne blendet nicht mehr, wie angenehm
bei Superstition stoppt jemand in auffälligem Outfit seine Radfahrt nur für dieses eine Lied, jubelt und schwupps ist er auch schon wieder weg
ein vorbeigehender Drummer (er trägt sein Equipment) pfeift anerkennend in unsere Richtung und zeigt uns beide Daumen nach oben
zwei gutgelaunte junge Italiener nehmen Platz, die Musik gefällt ihnen, dann haben sie jedoch gestikulierend viel zu besprechen
während des letzten Sets Sonnenuntergang, die Atmosphäre ist jetzt sehr schön, die Lichter der Stadt gehen an
auf der Bühne ist es dunkel bis auf den Widerschein der Pads
die Stimmung steigt merklich, der Applaus ist jetzt lauter, die Leute in Fahrt, das spornt an
Jolene, Mercy, Grenade ... die Stimme sitzt
mehrere kleine Mädchen tanzen wild vor der Bühne, dann Zickenkrieg und Gekreische, eines macht sich am Bühnenaufbau zu schaffen - Hilfe! Wo sind nur die Eltern, wenn man sie braucht!
ich habe den ganzen Abend meinen Hocker nicht benutzt, registriere ich
Supergirl, die zweite Zugabe, verhallt ... und wieder ruft es von draußen "Zugabe!" - wow, bin sprachlos
nach kurzer Abstimmung: Hallelujah, da können alle mitsingen
der letzte Ton ist verklungen - preiset den Herrn! (Habe ich das gerade laut gesagt?!)
ein Mann, allein mit seinem Bier, der schon da war, als wir kamen, ruft mir zu „Sie können gut singen!“, worauf ich scherzhaft erwidere „Danke. Und Sie können gut zuhören“. „Manchmal“, meint er. Er kommt mir traurig vor.
Fotos: Torsten R.
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